Schweinfurter Grün
Handlungsleitfaden im Umgang mit historischen Grünfassungen bei Verdacht auf Schweinfurter Grün
Schweinfurter Grün – Verdacht äußern
Das arsenhaltige und damit giftige Grünpigment Schweinfurter Grün fand vielfach seine Anwendung bei Wandfassungen, Tapeten und an mobilen Kunstgut des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. An Objekten oder Gestaltungsphasen mit grünen Fassungen aus dieser Zeitepoche, ist dem Verdacht auf Schweinfurter Grün nachzugehen. Das Pigment kann dabei als reines Pigment in einem Bindemittel oder in Ausmischungen mit anderen Pigmenten vorliegen. Generell gilt vor allem für Restauratoren, die an Kunstobjekten aus dieser Zeit arbeiten: Es muss bei grünen Fassungen des 19. und 20. Jahrhunderts der Verdacht auf Schweinfurter Grün an die Objektverantwortlichen und am Objekt Arbeitenden geäußert werden und ein Nachweis erfolgen. Schon bei der Entnahme von Probenmaterial besteht ein gesundheitliches Risiko. Auf das Tragen der notwendigen Sicherheitsausrüstung (PSA, Maske, Handschuhe) ist zu achten.
Befund dokumentieren
Der Befund muss schriftlich und bildlich dokumentiert und angezeigt werden. Der Befund ist durch eine entsprechend qualifizierte Fachkraft, beispielsweise einen Restaurator, zu erheben. Die Probe sollte die vollständige Schichtenfolge und ausreichend Material beinhalten. Vor allem bei komplexeren Materialaufbauten mit unterschiedlichen Farbstoffen und Pigmenten kann auf Grund eines vollständigen Malschichtenaufbaus und ausreichend Material in der Analytik das Schweinfurter Grün eindeutig und auch innerhalb der Abfolge identifiziert werden.
Befund analysieren – im Fachlabor
Für die zielgerichtete Analyse im Fachlabor empfiehlt es sich, die bis dahin vorhandene Befunddokumentation mitzusenden und auf die Restaurierungsgeschichte hinzuweisen. Erstfassungen aber auch Umbaumaßnahmen in der Verwendungszeit von Schweinfurter Grün, d.h. von Beginn des 19. Jh. bis Anfang des 20. Jh., sind hierbei von besonderem Interesse. Die Fragestellung an die Probe ist klar zu formulieren: Liegt ein Befund von Schweinfurter Grün vor? Ist Schweinfurter Grün als Grünpigment nachzuweisen? Diese Angaben sind wichtig, um a) sicherzustellen, dass auch im ausführenden Fachlabor die nötigen Schutzmaßnahmen beim Umgang mit dem Probenmaterial ergriffen werden können und b) eine auf die Fragestellung angepasste Analysemethode zur Anwendung kommt.
Befund analysieren – vor Ort mit tragbaren Analysegeräten
Für eine analytische Charakterisierung vor Ort kann eine handgehaltene RFA (Röntgenfluoreszenzanalytik) angewendet und so im flächigen Ausmaß erfasst werden. Wichtig bei diesem Messverfahren ist, dass es zu Überlagerungen der Messwerte durch die Anwesenheit anderer Pigmente und Substanzen kommen kann (bspw. Bleiweiß). Weitere Störungen in der Messung sind einzukalkulieren, da die Möglichkeit besteht, dass die Eindringtiefe der Messung nicht nur die oberste, offenliegende Malschicht umfasst, sondern auch in tiefer liegende Malschichten gelangen kann. Die verdächtige Schicht sollte daher im Messfeld freiliegen und nicht überdeckt sein. Die Durchführung und Interpretation der Messungen muss daher von geschultem Fachpersonal durchgeführt werden. Das gilt gleichfalls für die Messungen mit einem mobilem Ramangerät.
Umgang mit Befund festlegen – Handlungsempfehlung
Nach einem positiven Schweinfurter Grün Befund ist der weitere Umgang im Objekt festzulegen. Neben dem Schutz vor Arsenexposition aus gesundheitsgefährdenden Gründen sind im Kulturgutbereich immer auch Aspekte für einen denkmalgerechten Umgang und einer möglichen Erhaltung zu berücksichtigen. Erste Priorität hat die Vermeidung der Übertragung arsenhaltiger Bestandteile beispielsweise in Staub, der verwirbelt und aspiriert werden kann, oder in die Raumluft. Es ist eine Gefährdungseinschätzung vorzunehmen. Risiken, die zur Freisetzung von Arsenverbindungen führen können, sind neben der Staubbildung die Entstehung gasförmiger Arsenverbindungen. Eine Maskierung eines offen liegenden Befundes kann einen Staubabtrag verhindern und trägt so zur Risikominimierung bei. Die Wirksamkeit des Vorgehens kann durch eine Staubmessung aus der Raumluft geprüft werden. Die Bildung von flüchtigen Arsenverbindungen benötigt ausreichend Wasser/Feuchte für den Ablauf der notwendigen chemischen Reaktionen. Das Sicherstellen von trockenen Bedingungen behindert somit die mögliche Freisetzung gasförmiger Arsenverbindungen.
Fortführende ausführliche Informationen: Werner et al. 2019, DBU Az 35408.
Der Handlungsleitfaden ist ein Ergebnis des DBU geförderten Projektes: Umwelt-, Denkmal- und Sicherheitsgerechter Umgang mit Schweinfurter Grün modellhafte innovative Maßnahmen zur Konfliktlösung im Schnittbereich von Denkmal- und Umweltschutz Az 35408.